14. Dezember
„Am kleinen Teich“
Die Augen öffnend, erwachte ich aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Der Himmel war hell, und von Wolken verhangen. Überall lag Schnee. Ich blickte mich blinzelnd um. Offenbar lag ich noch immer auf der selben Lichtung, denn ich entdeckte den selben Teich, und auch den Bachlauf. Jemand schien das Feuer unterhalten zu haben, denn es knisterte immer noch, und spendete Wärme.
„Guten Morgen“, erstönte eine piepsige Stimme. Erschrocken blickte ich mich um. Wer hatte das gesagt?
„Möchten Sie etwas trinken?“, hörte ich sie erneut fragen. Ich blickte in die Richtung, aus welcher ich die Stimme vernommen hatte, und entdeckte dort in kurzer Distanz ein winziges Männchen. Es stand dort im Schnee, trug ein blaues Hemdchen, kleine graue Fellschühchen und auf dem Kopf eine rote Zipfelmütze, welche nach oben hin spitz zulief. Um den Bauch trug es einen breiten, braunen Gürtel, und sein Gesicht wurde teilweise durch einen weißen Vollbart verdeckt. Alles in allem hatte es eine frappierende Ähnlichkeit mit einem Gartenzwerg. Doch dieser hier … bewegte sich! Ich war völlig perplex, und mir fehlten die Worte. Nachdem das Männchen seine Frage ein weiteres Mal wiederholt hatte, nickte ich wortlos. Dann deutete es auf einen Becher, welcher neben mir stand. Ich probierte, und es schmeckte köstlich – nach gesüßtem Kräutertee in perfekter Trinktemperatur. Geduldig wartete es, bis ich die Tasse in hastigen Zügen ausgetrunken hatte.
Kaum hatte ich dies getan, vernahm ich das knirschende Geräusch von Schritten auf Schnee, und mir wurde klar, dass sich noch jemand anderes der Feuerstelle näherte. Ich blickte auf und erkannte zu meinem großen Erstaunen ein vertrautes Gesicht. Völlig verdutzt blickte ich den alten Mann an.
„Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir Hilfe schicken werde, wenn du einmal in Schwierigkeiten geraten solltest“, sprach Nikolaus zu mir. „Wie ich sehe hast du deinen Retter auch bereits kennengelernt. Darf ich vorstellen? Das ist Tomte Haraldson.“
Der alte Mann schaute fröhlich zu dem kleinen Gartenzwerg. Ich hingegen blickte verdutzt zwischen beiden hin und her. Ersterer schien zu verstehen, und fügte hinzu:
„Die Menschen bezeichnen ihn und seine Artgenossen als ‚Heinzelmännchen‘. Haraldson war es, der dich letzte Nacht aus der Höhle der Trolle befreit hat“, und mit einem warmen Lächeln nickte er dem Heinzelmann zu. Dieser erwiderte den Dank seinerseits mit einem Kopfnicken.
„Tomte hat sich deiner Verletzungen angenommen, und du wirst feststellen, dass es dir schon bald sehr viel besser gehen wird.“
Noch während er sprach hatte ich begonnen meine Wunde am Kopf zu ertasten. Sie war nun mit einem sonderbaren Material verbunden, und tat lange nicht mehr so weh wie noch am Vortag. Als Nikolaus seinen Satz beendet hatte, begann ich sogleich meine beiden Retter mit Fragen zu löchern. Woher wussten Sie, wo sie mich finden konnten? Was wollten die Trolle von mir? Wo sind wir jetzt gerade? Wie lange hatte ich geschlafen? …
Doch die beiden blieben still, und hörten mir nur aufmerksam zu. Als ich ausgesprochen hatte erwiderte Nikolaus:
„Alles zu seiner Zeit. Für jetzt ist es nur wichtig zu wissen, dass du in Sicherheit bist. Der Sturm hat sich gelegt, die Feinde sind fort. Und wir werden dafür sorgen, dass sie nicht zurück kommen. Und nun, ruhe dich aus. Haraldsons Heilkünste sind zwar die besten weit und breit, aber dennoch kann die Medizin nur dann wirken, wenn du dir ausreichend Ruhe gönnst. Schlafe jetzt, schlafe. Und morgen wirst du dich fühlen wie neu geboren.“
Kaum hatte er seinen Satz beendet, da war es, als übermanne mich auch schon eine tiefe Müdigkeit. Etwas widerwillig stimmte ich zu. Dann drehte ich mich auf die Seite und schloss die Augen. Und bereits kurz darauf war ich auch schon ins Land der Träume entschlummert.